Was ist das für ein Lärm? An meinem letzten Tag in México werde ich von einem Geräusch geweckt, das mir von den ersten Tagen hier bekannt vorkommt.
Es regnet nicht. Es schüttet! Auf den Straßen steht das Wasser bis über die Bordsteinkante. Wie soll ich so mit Rafael zum Busbahnhof kommen? Immer wieder hört es kurz mal auf, nur um gleich darauf noch schlimmer zu schütten.
Außerdem habe ich... Gepäck. Rafael ist fett geworden, ich aber auch. Die Jeans, die ich mir in Tokyo gekauft habe, ist etwas knapp... Holy Taco.
Ich nehme wieder den ADO Bus zum Flughafen, diesmal kein Wifi im Bus dafür läuft ein Film auf Spanisch mit einer Hauptfigur, die eine Mischung aus dem Sams und Xena der Kriegerprinzessin ist.
Die nächsten Stunden werden anstrengend, weil ich sie in Flugzeugen von United Airlines verbringen werde. Was die in der Star Alliance machen, frag ich mich echt.
Aber solange sie mich gut und sicher wieder nach Hause bringen, ist alles ok.
Jetzt, wo die Reise zu Ende ist, freue ich mich sehr auf zu Hause. Auf meine Familie natürlich, aber auch auf viele Dinge: Mein Bett! Besonders meine Bettdecke! Meine elektrische Zahnbürste! Meine Dusche! Meine Küche! Überall mobiles Internet haben und zu Hause sehr schnelles, stabiles Internet! Wäsche waschen! Mein Auto! - oh, da fällt mir auf: hab noch Sommerreifen drauf. Bin ja am 1. September los geflogen und natürlich war das Sommerreifenzeit. Die hätte ich mir dieses Jahr eigentlich sparen können... Wie seltsam, mir kommt es vor, als wäre es erst drei Wochen her, als ich damals (etwas verspätet) von Winter- auf Sommerreifen gewechselt habe und je 4 Mal laufen und schwer schleppen musste um die Reifen erst vom Keller ins Auto und dann die anderen vom Auto in den Keller zu bringen. Gleichzeitig kommt mir Tokyo, das erste Ziel der Weltreise, so weit weg vor als wäre es letztes Jahr gewesen.
Ich freue mich darauf, die vielen Fotos und Videos meiner Reise auf dem MacBook oder auf meinem Fernseher anzuschauen, auch aufs Auspacken freue ich mich.
Aber davor liegt ein laaanger Flug und noch ein Termin in München ;)
Heute will ich nach Cobá zu den Maya Ruinen. Cobá liegt mitten im Dschungel und es ist, wie ich bei meiner Recherche erfahren habe, nicht ganz so gut zu erreichen. Aber es gibt dort eine der wenigen Maya-Pyramiden, auf die man noch raufklettern darf. Sie heißt Nohoch Mul, ist 42 Meter hoch und natürlich ist es auch hier besser, vor den Touristenmassen und den Touren da zu sein.
Also stehe ich mal wieder früh auf und sitze um 6 Uhr im Collectivo nach Tulum. Dort muss ich umsteigen.
Es ist noch dunkel und neben mir schnarcht ein Mann, die Sonne geht gerade auf als wir nach etwa einer Stunde Fahrt um kurz nach 7 in Tulum ankommen. Diesmal nicht am schönen Strand im Hippie-Dorf, sondern wirklich in der Stadt Tulum. Hier gibt es drei Möglichkeiten für die Weiterfahrt: ein Taxi, was sau teuer ist, den ADO Bus, der erst um 10 Uhr fährt, oder ein Collectivo. Die Collectivo-Station finde ich, es steht auch eins da, fährt aber erst los, wenn mindestens 6 Leute für die Fahrt beisammen sind. (Auch das hatte ich bei meinen Recherchen schon herausgefunden.)
Bisher bin ich die einzige. Also gehe ich erst mal Frühstücken, in einer französischen Bäckerei in der Nähe des Collectivos. So früh haben die Taquerias noch nicht offen und auch kein mexikanisches Streetfood ist in der Nähe zu sehen. Also rede ich Französisch mit dem Bäckereimann, der offensichtlich Croissants aus Frankreich importiert... und stelle fest, dass ich inzwischen fast besser Spanisch als Französisch sprechen kann.
Während des Wartens treffe ich ein Paar aus Spanien, auch sie wollen nach Cobá und revidiere meinen Gedanken wieder, dass ich besser Spanisch als Französisch kann, im Moment kommt nur ein wildes Misch-Masch raus. "Je soy aqui parce-que je veux visitar Cobá" und so. Ich habe das Gefühl, ich rede wie ein besoffener Dreijähriger. (Ein Wortschatz im niedrigen zweistelligen Bereich und eine Zunge, die es noch nicht gewohnt ist diese Laute zu produzieren, gepaart mit großer Selbstüberschätzung.)
Um 8 Uhr kommen nochmal drei Leute, erlösen die Spanier und mich von meinem wirren Gestammel, wir sind endlich zu sechst und fahren los nach Cobá.
Tatsächlich ist außer uns niemand auf dem ganzen großen Gelände. Wir leihen uns Fahrräder für 50 Pesos und radeln den Kilometer zur großen Pyramide.
Zum Glück ist es noch nicht so heiss, der Aufstieg über die steilen Stufen ist schon anstrengend genug. Aber er lohnt sich: Der Ausblick von oben ist fantastisch.
(B)logbucheintrag, Montag, 16.Oktober. Wir paddeln jetzt schon seit anderthalb Stunden. Die Sonne brennt und der Rum ist alle. Langsam aber sicher verlassen mich meine Kräfte. Es ist kein Land in Sicht, nur Mangrovendickicht aus dem Reptilienaugen glotzen. Unter uns ziehen dunkle mächtige Schatten vorbei.
(Das einzige, was hier nicht ernst gemeint war, war das mit dem Rum. Wir hatten nie welchen dabei. Gerade könnte ich allerdings ein Fass auf Ex trinken.)
Dass dieser Tag mich im Nachhinein viele Nerven kosten würde, konnte ich morgens noch nicht ahnen. Also fange ich von Anfang an und entschuldige mich jetzt schon mal vorsorglich bei meinen Eltern.
Eigentlich hatte ich überlegt, einen Ausritt am Strand zu machen. Man kann hier auf Pferden den Strand entlang reiten, aber erstens bin ich nicht so ein Pferdemädchen und zweitens ist Reiten ganz schön gefährlich. (Die Ironie dieses Gedanken und des Schicksals wird mir erst später bewusst...)
Mit mir ist mal ein Pferd durchgegangen, weil mein Opa es für ein Foto vor ein blühendes Tabakfeld stellen wollte, das mit einem Elektrozaun eingezäunt war. Pferdearsch an Elektrozaun, Pferd wiehrt, steigt und rennt los. Konnte mich gerade noch so seitlich an seinem Hals hängend festhalten während es davon galoppierte. Meine Schwester hat sich mal ganz blöd den Arm gebrochen beim Reiten. "Viel zu gefährlich", denke ich, auch im Sinne meiner Eltern, und suche nach Alternativprogramm.
Hier auf der Isla Holbox gibt es Sandbänke, auf denen Flamingos einbeinig rumstehen. Die möchte ich gerne besuchen. Also stehe ich früh auf und mache einen schönen Spaziergang den Strand entlang. Der Weg zu den Sandbänken ist relativ weit, das Meerwasser steht hoch und ich komme nicht weiter, ohne zu schwimmen. Grundsätzlich kein Problem, aber ich habe meinen Rucksack dabei (nicht Rafael sondern einen kleinen Rucksack für den Strand, mit Handtuch, Geldbeutel und so weiter)
Also frage ich in einem Hotel nach. Die Dame an der Rezeption bietet mir die 3 Islas Tour mit einem Boot an: Isla de Pajaros, Isla de Pasion und Isla... Da ich mit Bootstouren zu Inseln nicht die besten Erfahrungen gemacht habe, laufe ich weiter und frage einen Typ am Strand, der Kajaks und Paddleboards anbietet. So ein Zufall: in 10 Minuten kommen zwei Leute, die eine SUP und Kajak Tour machen, ich kann mitkommen. Mit dem Boot zum Punta Mosquito, da wo die Flamingos wohnen, und dann rumpaddeln. Cool. Viele Orte und Punkte auf der Insel heißen so lustig, es gibt z.B eine Calle de Tiburon Ballena (Walhaigasse) und eine Standbar namens Mantarray.
Da sind auch schon Gustavo aus Mexiko und Artur aus Brasilien. Zusammen mit Kevin, dem Guide, fahren wir in einem kleinen Boot, das hinter sich zwei Kajaks und zwei Paddleboards herzieht (und sie auf dem Weg einmal verliert, weswegen wir umdrehen und ein Stück zurück müssen), zum Punta Mosquito, dorthin wo die Insel einen Knick macht. Der Name des Ortes ist nicht sehr einladend, der Blick allerdings schon.
Nach dem Inselreinfall und Tourfail mit der Isla Mujeres ist es Zeit, mal wieder auf eigene Faust eine Insel zu erkunden. Die Insel Holbox (sprich:"Choll-Bosch" mit dem ersten ch tief im Rachen ;) liegt vor der nördlichen Küste von Quintana Roo im Golf von Mexico, sie ist gut 40km lang und ca 2km breit. Nicht mal 2000 Menschen leben hier im einzigen Ort auf der Insel, dem Fischerdörfchen Holbox. Und das Beste: die Nordseite der Insel ist ein 40 Kilometer langer Sandstrand.
Der Name Holbox kommt aus der Maya-Sprache und bedeutet "Schwarzes Loch".
Viele haben mir von Holbox vorgeschwärmt, die Argumente:
Also nehme ich den ADO Bus um 9:25 Uhr nach Chiquila (256 Pesos), um von dort mit der Fähre nach Holbox überzusetzen und wünsche mir, dass Flugzeugsitze irgendwann mal so bequem sind wie die Sitze in mexikanischen Reisebussen. Von zwei Stunden Busfahrt schaffe ich es tatsächlich, eine Stunde zu schlafen, den Rest der Zeit verbringe ich damit, aus dem Fenster zu schauen während wir durch kleine Maya-Dörfchen im Dschungel fahren.
In Chiquila angekommen nehme ich die nächste Fähre rüber auf die Insel (140 Pesos), auch hier gibt es Unterhaltungsprogramm an Bord, das erste Lied ist Despacito in einer Reggae-Version